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Soziale Gruppenarbeit

Soziale Gruppenarbeit

Licht&Schatten

„Licht&Schatten“ ist ein freiwilliges Behandlungsangebot, das mit der Methode der Sozialen Gruppenarbeit für die Zielgruppe junger inhaftierter Erwachsener im Alter von 18 bis 30 Jahren, die potentiell ansprechbar für extremistische Ideologien sind, arbeitet. Die Bezeichnung Behandlungsangebot bedeutet, dass eine erfolgreiche Teilnahme am Angebot eine positive Auswirkung auf den Vollzugsplan haben kann. Dies kann für Teilnehmer*innen ein zusätzlicher Anreiz für eine beständige Teilnahme am Angebot in schwierigen Auseinandersetzungsphasen sein.

Viele der jungen Inhaftierten befanden sich oft schon vor der Inhaftierung in krisenhaften Lebenslagen, in denen fehlende Werteorientierung, Konflikte in der Familie oder mit Peer Groups, als auch Beziehungsabbrüche, Schulversagen, Mobbing, Arbeitslosigkeit oder finanzielle Probleme zum Alltag gehörten. Meist sehen sich die jungen Erwachsenen mit mehrschichtigen und ineinandergreifenden Problemlagen konfrontiert und haben in Krisensituationen falsche Entscheidungen getroffen.

Ziel der Sozialen Gruppenarbeit ist es, den Inhaftierten die Möglichkeit zu geben sich mit ihrer Peer Group wertschätzend und demokratisch auszutauschen, über Meinungen zu diskutieren, sich mit ihren Biografien auseinanderzusetzen, als auch über erlebte Diskriminierungserfahrungen in einem geschützten Rahmen berichten zu können, um gestärkt durch die Gemeinsamkeit aus der Gruppe hervorzugehen. „Licht&Schatten“ will seine Teilnehmer*innen zur Selbstreflexion, zum Differenzieren zwischen kognitiven und emotionalen Wahrnehmungen sowie zur Steigerung der Ambiguitätstoleranz, dem Aushalten von widersprüchlichen Bedürfnissen, unterstützen, um dadurch die Chance auf ein friedvolles Leben zu haben und um nicht zuletzt auch gegen demokratiefeindliche Ideologien resistent zu sein.

„Licht&Schatten“ verfolgt einen inhaltlichen Dreiklang in der Extremismusprävention:

  1. Aktive Demokratieförderung
  2. Wertschätzung von Vielfalt
  3. Förderung von Kreativität

Das Handbuch „Licht&Schatten“ kann hier herunter geladen werden. Außerdem stellen wir es Ihnen gerne für ihre Arbeit zur Verfügung. Das Handbuch wurde außerdem in die Sprachen Englisch, Französisch, Russisch und Arabisch übersetzt.

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Debunk it! Fake News, Fake Stories

„Debunk it! Fake News, Fake Stories“ ist ein Projekt von re:vision und als freiwilliges Gruppenangebot zur Demokratieförderung und zur phänomenübergreifenden Extremismusprävention, der sekundär (selektiven) Prävention, für junge inhaftierte Menschen in NRW konzipiert. Es gilt als Behandlungsangebot und richtet sich, bezugnehmend auf die oben beschriebene Ausgangslage, an Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 16 bis 30 Jahren in Haft.

Ziel von „Debunk it! Fake News, Fake Stories“ ist es, jungen Erwachsenen in Haft Medienkompetenz zu vermitteln. Hierbei werden ebenso Kriterien des Medienkompetenzrahmens NRW beachtet, so etwa Informationsauswertung und -bewertung, Medienanalyse, Meinungsbildung und Identitätsbildung, wobei der Ansatz der politischen Bildung maßgeblich ist.

„Debunk it! Fake News, Fake Stories“ ist in fünf Module unterteilt, jedes Modul hat einen eigenen Schwerpunkt und eine unterschiedliche Länge, da die Anzahl der Einheiten von den Modulthemen, dem Kenntnisstand und den Interessen der Teilnehmer*innen abhängig sind. Alle Module werden mit der Methode der sozialen Gruppenarbeit bearbeitet, dabei stehen soziales Lernen, Lebensweltorientierung und Partizipation im Mittelpunkt.

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Handlungsleitende Prinzipien

Die nachfolgend beschriebenen Arbeitsprinzipien haben sich in der Präventionsarbeit als grundlegend erwiesen, um Veränderungen bei den Adressaten anzustoßen. Diese Prinzipien sind für unsere Arbeit handlungsleitend und stimmen mit unserer Haltung gegenüber den TN überein.

Soziales Lernen, Handlungslernen

Soziales und emotionales Lernen hat für uns Vorrang vor der rein kognitive Wissensvermittlung. Die Teilnehmer*innen sollen in der Gruppenarbeit Erfahrungen in ihrer Peergroup machen. Die in Kommunikation der Peers gemeinsam konstruierte Wirklichkeit ist für die Teilnehmer*innen relevanter als frontal vermittelte Inhalte durch eine*n Sozialarbeiter*in. Die Gruppenleiter*innen geben Impulse und Inputs, rahmen und moderieren das Gruppensetting. Die Inhalte werden durch die Teilnehmer*innen selbst in handlungsorientierte Methoden einzeln, in Kleingruppen und im Plenum erschlossen und reflektiert.

Partizipation und Lebensweltorientierung

Die Partizipation der Teilnehmenden mit ihren Erfahrungen, Meinungen
und Einstellungen ist elementarer Bestandteil unseres Angebotes. Über
die Selbsterfahrung sollen Resilienz und Konfliktfähigkeit gefördert werden. Methodisch wird dies durch die Auseinandersetzung mit der eigenen
Biografie, der bedachten Auswahl von Medien, das Einnehmen einer systemischen und ressourcenorientierten Perspektive seitens der Trainer*innen und die subjektive, kreative Verarbeitung der Inhalte durch die Teilnehmenden umgesetzt.

Freiwilligkeit und Transparenz

Die Teilnahme an „Licht&Schatten“ bzw. „Debunk it! Fake News, Fake Stories“ ist freiwillig. Die Inhalte und Methoden machen wir den Teilnehmenden transparent: Im Rahmen eines Einzelinterviews wird allen Teilnehmenden einzeln das Projekt vorgestellt und die Fragen werden beantwortet. Auf Grundlage dieses Interviews entscheiden sowohl die*der Inhaftierte als auch das Team von „Licht&Schatten“ bzw. „Debunk it! Fake News, Fake Stories“, ob eine Teilnahme am Gruppenangebot infrage kommt. Neben der Entscheidung zur Teilnahme hat das Einzelinterview eine weitere Funktion: Es soll den Grundstein für eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung legen, denn die erste Begegnung zwischen Teammitgliedern und Teilnehmenden kann ausschlaggebend für den weiteren Verlauf der Beziehungsarbeit und somit für den Erfolg des Projekts sein.

Gruppenprozess

Den gerade beschriebenen handlungsleitenden Prinzipien unserer Arbeit entsprechend leiten wir den Gruppenprozess: Es geht uns darum, dass die Teilnehmer*innen in Beziehung zueinander und zu uns treten. Über die Erarbeitung von Gruppenregeln, Meinungsaustausch (und Meinungsverschiedenheiten), Reibung und dem gemeinsamen Erreichen von Gruppenaufgaben entsteht eine Gruppenidentität. Das anfängliche Misstrauen soll sich hin zu einer vertraulichen, demokratischen Gruppenatmosphäre entwickeln.

Die Methoden, Sozialform und Inhalte werden der Gruppenphase entsprechend ausgewählt. So achten wir zum Beispiel darauf, dass sich die Teilnehmer*innen zu Beginn nicht offen zu persönlichen oder konfliktträchtigen Themen positionieren müssen. Später werden Übungen angeleitet, die es zulassen, dass Meinungsverschiedenheiten zu Themen ausgetragen werden, in denen die Teilnehmer*innen sich zeigen können. Wir möchten, dass so Vertrauen aufgebaut wird und die Teilnehmer*innen sich zutrauen, sich offen vor der Gruppe zu äußern.

In den angeleiteten Übungen, in den Reflexionen und in den anschließenden Diskussionen wird großer Wert auf wertschätzenden und respektvollen Umgang miteinander gelegt. Die Erfahrung von Partizipation und Akzeptanz durch die Gruppe, in der die Äußerungen von eigenen Gedanken für die anderen wichtig sind und Interesse durch Offenheit und Zuhören signalisiert wird, lässt das Selbstvertrauen wachsen. Das Vertrauen in die eigenen kognitiven und affektiven Fähigkeiten stärkt die Ambiguitätstoleranz und Resilienz gegenüber menschenfeindlichen Ideologien.

Im Kontext eines solchen Gruppenprozesses besteht eine bessere Möglichkeit, dass die Teilnehmer*innen die durch die Gruppenleitung eingebrachten Inhalte wirklich zu ihren Themen machen als durch eine reine Wissensvermittlung. Dass die Teilnehmer*innen die Möglichkeit haben, die vermittelte Medienkritikfähigkeit selbst kreativ zu verarbeiten, trägt noch einmal stärker dazu bei, dass sie sich diesen Inhalt aneignen. So ist die Chance größer, dass die Erfahrungen der Gruppenarbeit einen nachhaltigen Einfluss auf ihr Leben haben. Außerdem wird durch den kreativen Abschluss des Gruppenangebotes eine starke Selbstwirksamkeitserfahrung gemacht, die dazu beiträgt, die Selbstwirksamkeitserwartung der Teilnehmer*innen zu stärken. Nicht zuletzt bedeutet die Anwendung der erlernten Fähigkeiten für die Teilnehmer*innen, sich (diskriminierenden) Medieninhalt sich im Sinne des Empowerment aktiv entgegenzustellen